Experten fordern eine Reform der Grunderwerbsteuer. Seit der Föderalismusreform 2006 haben zahlreiche Bundesländer die Grunderwerbsteuer zum Teil deutlich auf 6,5 Prozent erhöht. Nur Bayern und Sachsen erheben nach wie vor den alten Steuersatz von 3,5 Prozent. Durch die Erhöhung der Steuer und die steigenden Immobilienpreise, hat sich die Grunderwerbsteuer für viele Bundesländer zu einer äußerst lukrativen Einnahmequelle entwickelt. Sie macht aktuell in etwa 1 Prozent des gesamten Steueraufkommens der Bundesrepublik aus.
Doch während die Länder profitieren, schauen Immobilenkäufer in die Röhre und müssen immer höhere Abgaben zahlen, da sich die Grunderwerbsteuer aus dem Kaufpreis und dem zugehörigen Steuersatz errechnet. Dies bedeutet, dass steigende Immobilienpreise auch zu höherer Grunderwerbsteuer führen und den Käufer in Phasen hoher Immobilienpreis deutlich stärker belasten als vorher. Vor allem Wirtschaftsverbände wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) fordern daher eine Grunderwerbsteuer-Reform.
Vor allem ein Punkt erzürnt das IW: Die Grunderwerbsteuer orientiert sich nicht an der Finanzkraft des Käufers, sondern am Wert des Objekts. So richtet sich die Steuer nicht nach dem Leistungsprinzip (= wer mehr hat, muss mehr zahlen), sondern erschwert es privaten Haushalten ohne große Ersparnisse eine Immobilie zu erwerben. Denn die Kaufnebenkosten werden bei fehlendem Eigenkapital nicht oder selten von der Baufinanzierung übernommen. Stattdessen müssen sie über einen eigenen Kredit finanziert werden. Diese Zusatzkosten erschweren den Immobilienkauf und treiben die Kosten für private Anleger in die Höhe. Zudem wurde das Eigenkapital bereits bei seiner Anhäufung durch verschiedene Steuern belastet, was eine zusätzliche Besteuerung für den Bürger schwer nachvollziehbar macht.
Die Experten fordern daher, dass bei Neubauten keine Grunderwerbsteuer anfällt. Dieses Modell wird bereits in den Niederlanden und Belgien umgesetzt. Ebenfalls möglich wäre es, den Steuersatz zu verringern, um Bauaktivitäten auch in teuren Ballungsräumen zu fördern. Darüber hinaus plädiert das IW für die Einführung eines Freibetrags im Stufentarif. Nach Erreichen des Freibetrags, steigt die Steuer schrittweise je nach Immobilienwert. Bei besonders teuren Objekten könnten daher besonders hohe Steuern anfallen. Um Einnahmeverluste der Bundesländer auszugleichen, könnten zudem die Verkäufer an den Kosten beteiligt werden, indem sie zwei bis vier Prozent zahlen, wenn sie die Immobilie nicht länger als fünf Jahre gehalten haben. Das wäre zudem ein Signal des Staates gegen Überhitzung des Immobilienmarktes.
Auch in der Politik regt sich Widerstand gegen die „Steuerwillkür“ der Bundesländer. Die Union fordert beispielsweise in ihrem Wahlprogramm, einen Freibetrag einzuführen, der bei der ersten selbst genutzten Immobilie geltend gemacht werden kann. Die FDP geht einen Schritt weiter und fordert sogar einen generellen Freibetrag von 500.000 Euro, damit sich auch Familien aus der Mittelschicht Wohneigentum leisten können.
Erste Schritte für eine moderate Reform der Grunderwerbsteuer wurden bereits gemacht. Die schwarz-gelbe Koalition in Nordrhein-Westfalen hat einen Freibetrag von 250.000 Euro ins Spiel gebracht. Dieser Vorschlag würde im Rahmen einer Bundesratsinitiative diskutiert. Wirtschaftsverbände begrüßen diese ersten Schritte. Für sie hat die Grunderwerbsteuer keine Rechtfertigung und dient nur dazu, den Bundesländern Einnahmen zu verschaffen.
Es bleibt spannend, wie es mit der Debatte rund um die Reform der Grunderwerbsteuer weitergeht. Der erste Anlauf hinsichtlich eines Freibetrages wurde von CDU/CSU, SPD, Grünen und Linkspartei Anfang Juni 2018 abgelehnt. Als Gründe wurden u.a. bürokratische Hürden oder ein Eingriff in Länderkompetenzen angefügt. Die FDP will jedoch an ihrem Anliegen festhalten und plant einen weiteren Gesetzesvorschlag noch in dieser Legislaturperiode.
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